Der Vorleser 3

Jedes Mal, wenn der Jugendliche Michael Berg (David Kross) die viel ältere Hanna Schmitz (Kate Winslet) besucht, dann folgen beide einem Liebesritual: baden, vorlesen und lieben. Hannas Geheimnisse entdeckt Michael erst als Jurastudent, als er bei einer Gerichtsverhandlung gegen Nazi-Aufseherinnen Hanna unter den Angeklagten wieder erkennt, und vermutet, sie sei Analphabetin.

Die Verfilmung “Der Vorleser” von Bernhard Schlinks Roman bietet durch Michaels Figur eine interessante und einzigartige Sicht der Nachkriegsgeneration und ihrer Vergangenheitsbewältigung, die einem daran hindert, ein normales Leben zu führen.

Anhand Flashbacks und interessanten Kameraführungen, wie beim Besuch Michaels in einem KZ-Lager, wird deutlich, dass der erwachsene Michael sich immer noch schuldig fühlt, eine Verbrecherin geliebt zu haben.

Jedoch bleibt die Verfilmung dem Buch nicht immer treu, und Rollen mancher Figuren sind verändert worden: die Verbindungen zwischen Michael mit seiner Tochter, sowie mit seinem Juraprofessor sind verstärkt worden, während die mit seinem Vater fast verschwunden ist.

Dadurch erlebt man besser Michaels Verarbeitung, dank der Stützrollen des Professors und der Tochter.

Die Verfilmung ist auch dem Buch untreu, indem die Charakterzüge zu stark dargestellt sind, und mir fast stereotypisch erscheinen: ein Mitstudent, der Michael nicht ertragen kann und mit ihm nicht einverstanden ist, versucht ihn bei jeder Gelegenheit zu erniedrigen und nimmt dadurch eine “böse” Rolle ein.

Die Entdeckung von Hannas Analphabetismus ist vorhersehbar und zu eindeutig, so dass man nicht versteht, dass Michael es nur als Student entdeckt, trotz der langen Affäre zwischen Hanna und Michael.

Die psychologische Perspektive, in der der Verstand und die Emotionen nicht verbunden sind, wird meiner Meinung nach in der Verfilmung nicht genügend dargestellt, obwohl sie im Buch Michael verfolgt und quält.

Im Allgemeinen bleibt die Verfilmung dem Buch treu, sie bietet eine neue und interessante Perspektive der Vergangenheitsbewältigung. Interessante Kameraführungen und Lichtspiele machen den Film angenehm anzuschauen. Jedoch lohnt es sich, sich Zeit zu nehmen, um das Buch zu lesen, um B. Schlinks Meinung über die Verantwortlichen des zweiten Weltkrieges zu kennen, und zwar dass die Generation nach dem Krieg auch dafür verantwortlich ist, da sie Verbrecher geliebt hat.

Félicia Couratte-Arnaude, Terminale Abibac

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